Gemeinsames Pressegespräch von Barmer und JoHo zum Arzneimittelreport 2020

Dienstag, 24.11.2020

Frankfurt, 20. November 2020 – Kommt es beim Informationsaustausch zwischen Arztpraxen, Krankenhäusern und Patientinnen und Patienten zu Lücken oder Fehlern, so können Gefahren entstehen. Besonders betroffen sind sogenannte Polypharmaziepatienten, die fünf oder mehr Medikamente regelmäßig einnehmen. Rund 45 Prozent der vollstationären Krankenhausfälle gingen 2018 auf diese Risikogruppe zurück – das entspricht mehr als 600.000 Menschen in Hessen. Beim Übergang zwischen dem stationären und ambulanten Bereich kommt es noch vermehrt zu Problemen bei der Weitergabe behandlungsrelevanter Informationen zur Medikation, so das zentrale Ergebnis des aktuellen Arzneimittelreports der BARMER. 

„Patientinnen und Patienten sind vermeidbaren Risiken ausgesetzt, wenn wichtige Informationen nicht oder nur lückenhaft übermittelt werden“, sagt Martin Till, Landesgeschäftsführer der BARMER anlässlich der digitalen Vorstellung des Reports, an der auch der St. Josefs-Hospital Wiesbaden Verbund teilnahm. Besonders gefährdet seien ältere Menschen. Mehr als die Hälfte der Risikogruppe war 65 Jahre oder älter. Den Ursachen für Informationsdefizite kann aus Sicht der BARMER durch Stärkung der Kommunikation zwischen Medizinern aber auch zwischen Ärzten und Patientinnen und Patienten vorgebeugt werden. „Digital unterstützte Prozesse und eine verbindliche, sektorenübergreifende Kommunikation zwischen dem ambulanten und stationären Versorgungsbereich sind wichtige Lösungsstrategien“ ergänzt Martin Till.

Fehlende Medikationspläne bei Krankenhaus-Aufnahme

Ein wichtiges Instrument zur Koordination von Arzneimitteltherapien zwischen Arztpraxis und Krankenhaus, ist der bundeseinheitliche Medikationsplan, der für alle Polypharmaziepatientinnen und -patienten angelegt und gepflegt werden sollte. Laut BARMER Report konnten allerdings von rund 2.900 im Jahr 2019 befragten Polypharmaziepatienten über 65 Jahre mehr als 17 Prozent, also etwa jeder Fünfte, keinen Medikationsplan bei der Aufnahme ins Krankenhaus vorlegen. In mehr als 30 Prozent der Fälle fehlten aktuelle oder vollständige Informationen aus ärztlicher Hand. Mehr als 60 Prozent der Pläne enthielten keine Angaben zur Selbstmedikation. Dr. Jascha Wiechelt, Chefarzt Geriatrie des Otto-Fricke-Krankenhauses in Bad Schwalbach u. Wiesbaden, ergänzt zu den BARMER-Daten aus der Praxis: „Gefährliche Wechsel- und Nebenwirkungen beginnen bei Polypharmaziepatienten mitunter mit Alltagspräparaten wie Johanniskraut oder frei erhältlichem Ibuprofen. Viele kennen diese Risiken nicht und machen deshalb in Arztgesprächen keine entsprechenden Angaben. Außerdem sehen wir häufig, dass die Patienten, wenn sie zu uns kommen, mehrere Medikationspläne haben, vom Hausarzt und von unterschiedlichen Fachärzten. Welche dann tatsächlich verwendet wird, müssen wir mühsam herausfinden.“ Wichtig sei Patientinnen und Patienten aktiv in die Therapien einzubeziehen. Eine Arzneitherapie könne nur dann erfolgreich sein, wenn die Patientinnen und Patienten sie verstehen und mittragen. Immerhin 54 Prozent der Befragten hatten zwar einen Medikationsplan, jedoch nicht den bundeseinheitlichen, der auch digital über einen QR-Code ausgelesen werden kann.

Modellprojekt zum Entlassmanagement im Rheingau

„Mit dem demografischen Wandel geht eine Steigerung der Zahl chronisch und mehrfach Erkrankten einher, die einen komplexen Therapiebedarf haben. Auch das soziale Gefüge ändert sich spürbar. Deshalb sind übergreifende, interdisziplinäre Lösungen, die die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt rücken, wichtiger denn je“, berichtet Dr. Markus Schubert, Chefarzt des St. Josefs-Hospitals Rheingau, anlässlich der Vorstellung des BARMER Arzneimittelreports. Im Rahmen des Modellprojekts „Sektorenübergreifendes Entlassmanagement“ hat sich das Rheingauer Krankenhaus mit den im Gesundheitsnetz Rheingau organisierten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten auf einen schnellen und zielgerichteten Informationsaustausch verständigt. So werden medizinische Daten und Unterlagen direkt und zeitnah vom stationären in den ambulanten Bereich übermittelt, um die frühzeitige Nachsorge der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.“Und das verringert Risiken für die Patienten bei der Arzneimitteltherapie deutlich“, stellt der erfahrene Internist Schubert fest.  Einigkeit unter den Dialogpartnern besteht hinsichtlich digitaler Lösungsstrategien. Die elektronische Patientenakte die mit Beginn des nächsten Jahres eingeführt wird, bietet einen digitalen Medikationsplan und sei eine klare Chance für mehr Patientensicherheit in komplexen Arzneimitteltherapien.

 

Pressekontakt:
Susanne Schiering-Rosch
Tel.: 0611 177 1131
E-Mail: sschiering-rosch(at)joho.de


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